Nur wenige Stunden, nachdem Apple am Montag auf seinem “Unleashed”-Event das neue Macbook Pro mit den Prozessoren M1 Pro und M1 Max vorgestellt hat, trat Google mit dem Pixel 6 und Pixel 6 Pro am Dienstag ins Rampenlicht. Und obwohl die Veranstaltungen sehr unterschiedliche Produkte brachten, erschien uns Googles Strategie mit seinen neuesten Smartphones furchtbar vertraut.
Das neue Pixel kann man mit einem iPhone eigentlich nicht verwechseln. Nachdem Pixel jahrelang wie billige iPhone-Imitate ausgesehen haben, ist Google endlich mit einem einzigartigen Design herausgekommen, das tatsächlich schick aussieht. Das Hauptmerkmal ist die Kameraleiste, ein bauchiger Streifen auf der Rückseite des Geräts mit einer Reihe von Kameras. Das ist eine schöne Abkehr von der quadratischen Anordnung, die beim iPhone und den vorherigen Pixel- und Galaxy-Handys verwendet wurde, und verleiht dem Pixel 6 echten Charakter.

Abgesehen von ihrem Aussehen sind die neuen Pixel Apple-ähnlicher als je zuvor. Zunächst einmal haben sie einen von Google entwickelten Chip. Er heißt Tensor und ist laut Google bis zu 80 Prozent schneller als der des Pixel 5. Dabei geht es aber weniger um Geschwindigkeit als um die Eigenschaften, die Google am besten kann und die es auf das Gerät bringt: KI, Computer-Fotografie und Energieeffizienz.
Google macht es wie Apple selbst
Tensor ist nicht nur Googles erster Prozessor, sondern auch ein Zugeständnis, dass handelsübliche Chips an ihre Grenzen stoßen. Der Snapdragon 888 von Qualcomm mag zwar schnell und stromsparend sein, aber für Googles Anforderungen reicht er nicht aus, ähnlich wie Intel-Chips für Apple nicht mehr ausgereicht haben. Durch die Herstellung eines eigenen Prozessors baut Google sein Smartphone von innen nach außen und konzentriert sich auf die Funktionen, die das Pixel auszeichnen. Es ist vielleicht nicht das schnellste Android-Handy auf dem Markt, aber es wird das leistungsfähigste sein.

Als Apple den A4 im Original-iPad einführte, lag der Schwerpunkt auf Geschwindigkeit und Akkulaufzeit. Apple nannte ihn “einen bemerkenswert leistungsstarken und dennoch bemerkenswert energieeffizienten Mobilprozessor” und lobte seine Multitasking-Fähigkeiten. Es dauerte mehrere Generationen, bis der A12 Bionic seine wahren Vorteile zeigte: Bildverarbeitung und neuronale Vernetzung.
Googles Tensor-Chip ist bereits in einer stärkeren Position und könnte zu einem der besten Smartphone-Chips in einem Android-Gerät werden. Zum ersten Mal kontrolliert Google den gesamten Herstellungsprozess und wie beim iPhone könnte Tensor das Pixel von dem Rest auf dem Android-Markt abheben. Google lässt bereits die meisten seiner Konkurrenten mit seiner KI und Fotoverarbeitung hinter sich, ein dedizierter Chip könnte mehr für das Pixel tun als der Chip der A-Serie für das iPhone.
Bekanntlich wird das Pixel 6 eine fantastische Kamera und das beste Android-Erlebnis bieten, der Tensor-Chip könnte aber endlich ein Erlebnis liefern, das mit dem iPhone konkurriert und es vielleicht sogar übertrifft. Zum ersten Mal hat Google ein Smartphone gebaut, das mehr Apple als Android ist, und das könnte eine große Veränderung in der Smartphone-Landschaft bedeuten.
Anlehnen an das Ökosystem
Google stellt seine Pixel-Handys schon seit Jahren in zwei Größen her, aber mit dem 6er nimmt es sich ein Beispiel am iPhone und trennt die beiden Modelle in Pro- und Nicht-Pro-Modelle. Abgesehen von einer besseren Frontkamera sind auch die Unterschiede ähnlich: eine dritte Telekamera, ein größeres und schnelleres Display, mehr Arbeitsspeicher, ein größerer Akku und unterschiedliche Farben.

Apple hat den durchschnittlichen Verkaufspreis des iPhones erfolgreich in die Höhe getrieben und die Kundschaft zu den Pro-Modellen gedrängt. Diese Strategie sollte auch bei Google funktionieren. Der Hersteller verlangt 649 Euro für das Pixel 6 und 899 Euro für das Pixel 6 Pro. Das ist ein ausreichend großer Abstand, damit sich das Pixel 6 wie ein Schnäppchen und das Pixel 6 Pro wie ein signifikanterer Umstieg anfühlt, als es tatsächlich ist.
Google bietet in den USA auch einen sehr Apple-ähnlichen Zahlungsplan für das Pixel an, der eine brillante Mischung aus Apple One und dem iPhone-Upgrade-Programm ist. Und so funktioniert es: Für 45 US-Dollar (Pixel 6) oder 55 US-Dollar (Pixel 6 Pro) pro Monat erhält der Käufer oder die Käuferin 200 GB Google One-Speicher, Preferred Care und Abonnements für Youtube Premium, Youtube Music Premium und Google Play Pass für zwei Jahre. Am Ende vom zweiten Jahr können Sie auf ein neues Pixel umsteigen oder das bestehende Smartphone behalten.
Google-Dienste mit Einzelpreisen:
Youtube/Youtube Music Premium: 12 US-Dollar
Google Play Pass: 5 US-Dollar
200 GB Google One: 2,99 USD
Pixel Preferred Care: 7 oder 9 UDS
Pixel 6: 25 USD
Pixel 5 Pro: 37,50 USD
Das ist eine Ersparnis von 7 US-Dollar pro Monat für das Pixel 6 und 11,50 USD pro Monat für das Pixel 6 Pro. Wenn Apple einen iPhone-One-Tarif hätte mit der AppleCare+, Apple Music, Apple TV+ und Apple Arcade, würde es in etwa dem Paket von Google entsprechen. Stattdessen ist das iPhone-Upgrade-Program (nur in den USA) kaum mehr als eine Finanzierung ohne tatsächliche Einsparungen.

Der Pixel Pass ist mehr als nur ein Rabatt. Googles Pixel Pass hebt den Klebeeffekt von Apples Ökosystem auf eine neue Ebene, indem er Hardware und Software auf einzigartige Weise kombiniert. Kein anderes Android-Smartphone bietet die Software und Dienste wie Google, und wenn das Pixel endlich ein entsprechendes Hardware-Erlebnis garantieren kann, könnte es ein echter Wettbewerber für das iPhone werden.
Es ist kein Geheimnis, dass Apple die meisten Gewinne mit Smartphones macht und die erfolgreichsten Telefone auf dem Planeten hat. Die Stärke von Apple liegt nicht nur im Design und in den Funktionen, sondern auch im Aufbau eines Ökosystems, in das man sich gerne einbindet. Google versucht mit dem Pixel 6 etwas Ähnliches – und einige iPhone-Nutzer könnten sich dabei ertappen, wie sie den Schlüssel wechseln.