27. Oktober: Impfing am Jammersee
Macwelt wünscht einen gute Morgen! Als naturwissenschaftlich gebildete und logisch denkende Menschen können wir so manches Argument der Impfskeptiker nicht verstehen – von den teils bösartigen Impfgegnern und ihren Scheinargumenten sprechen wir hier gar nicht einmal. Aber auf welche „Langzeitstudien“ warten die Skeptiker noch? Weltweit sind schon etliche Milliarden Impfdosen gegen Sars-CoV-2 gespritzt, die wenigen seltenen Risiken hat man gut identifiziert, andere mögliche Folgen sind noch viel seltener, dass es weitere Milliarden an verabreichten Dosen geben muss. Unverträglichkeiten treten wenn überhaupt zeitnah nach der Impfung auf. Die Langzeitstudie, die das Virus seit fast zwei Jahren mit der Menschheit vorantreibt, zeigt indes klare Ergebnisse: Auch als junger, gesunder Mensch will man sich nicht dem Risiko aussetzen, Jahre nach der Infektion an Nachwirkungen zu leiden, die auch erst nach Jahren auftreten. Kennt man vielleicht noch von den Masern: Mag man die Infektion nach zwei Wochen überstanden haben, kann etwa zehn Jahre danach das im Körper verbliebene Virus eine tödliche Gehirnentzündung auslösen. Man kann sich heute noch gar nicht vorstellen, welche Folgen die Infektionen von heute noch haben können. Der Impfstoff indes ist nach wenigen Tagen aus dem Körper verschwunden. Warum zögern selbst klug erscheinende Leute dann noch? Ärmel hoch!
Mit den apostrophierten „Langzeitfolgen“, also seltenen Nebenwirkungen, die schon bald nach einer Medikation auftreten, ist es fast ein bisschen wie bei Apples Betatests. Früher, als wir Macianer noch fast unter uns waren, hat es vollkommen ausgereicht, wenn Apple intern neue Systeme ausgiebig testete. Die häufig auftretenden Fehler waren schnell gefunden, mit den seltenen mussten sich nach Veröffentlichung von, sagen wir mal Mac-OS 9.1, nur wenige Leute herumschlagen. Das hat sich mit dem Erfolg des iPhones und dem Wiedererstarken des Mac massiv geändert: Wenn sehr viele Leute das System nutzen, treten seltene Fehler eben doch in relevanter absoluter Zahl auf und nicht als bedauerliche Einzelfälle. Also weitet Apple sein Studienfeld aus und lässt seit nunmehr sieben Jahren die Kunden vorab die Systeme testen, in der Hoffnung, dass auch seltene Fehler gefunden werden und man in den Laboren den Impfstoff, nein, das Update noch rechtzeitig anpassen kann. Und Jahr für Jahr krempeln wir gerne wieder die Ärmel hoch, setzen uns an unseren Mac und lassen das neue System wirken. Wenn dann doch was schiefgeht – kein Problem, dank der Vorkehrungen gibt es keine ernsthaften Folgen, für das konkrete Problem dann aber ein rasches Update.
Dass Impfungen wirken, darüber besteht in aufgeklärten Kreisen kein Zweifel. Es ist sogar schon gelungen, mit massiven Impfkampagnen einige schreckliche Krankheiten, respektive deren Ursachen auszurotten. Die Pocken praktisch komplett. Die Kinderlähmung auch schon fast. Bei den Masern war man sehr weit, ehe naturwissenschaftlich wenig und ethisch praktisch gar nicht gebildete Menschen zu Masernparties einluden, weil sie das Feuer offenbar mehr schätzen als die Feuerwehr.
Im Gegensatz zur Impfung gegen das noch recht neue Corona-Virus hat die Polioimpfung den großen Vorteil, bis zu zehn Jahre zu wirken, bis man eine Auffrischung braucht. In dem Zeitraum erneuern wir unsere Macs zweimal. Der Entwickler des Polio-Impfstoffs Jonas Salk kam heute vor 107 Jahren in New York zu Welt.
Am gleichen Tag wie Jonas Salk, also heute, hat auch noch ein anderer Wohltäter der Menschheit Geburtstag: Bill Gates. Mit der Wohltat meinen wir natürlich nicht Windows, Word und andere Microsoft-Produkte, erkennen aber auch als Hardcore-Macianer an, dass ein Computerleben ohne Software aus Redmond zwar erstrebenswert sein möge, aber kaum möglich.
Die Wohltaten begeht Gates zusammen mit seiner Ex-Frau Melinda seit seinem Ausscheiden bei Microsoft. Mag es zwar berechtigte Kritik am Vorgehen der Stiftung der beiden geben, die Welt wäre ohne sie aber ärmer und die Gesundheitssituation in vielen Teilen der Welt noch problematischer.
Der irre Verschwörungsmythos um Gates, Impfungen, Chips und 5G baut wie viele Lügengebäude auf einem wahren Kern auf: In der Dritten Welt nutzen Organisationen wie die Gates-Stiftung unter anderem subkutane Chips als Impfpässe, damit niemand öfter als nötig geimpft, aber rechtzeitig aufgefrischt wird. Dort, wo Gesundheitssystem nur schlecht oder gar nicht funktionieren, ist eine derartige Technik recht hilfreich. Nur auf Windows würden wir gerne weiterhin verzichten, bei allen herzlichen Glückwünschen zum 66sten, Mr. Gates!
Lesetipps für den Freitag:
Beschleunigt: Apple hat das ehrgeizige Ziel ausgerufen, bis zum Jahr 2030 mit all seinen Produkten komplett CO2-neutral zu werden. Die Zeit wird knapp, um die Erderwärmung zu bremsen, erklärt Apple in seinem Fortschrittsbericht zum Umweltschutz für das Jahr 2021. Für Apple selbst ist es weniger kompliziert, Büros und Stores mit grüner Energie zu versorgen, die Herausforderung besteht darin, auch die Lieferkette grün zu bekommen und die Produkte über ihre komplette Lebensdauer emissionsfrei zu bekommen. Apple beschleunigt daher seine Maßnahmen: In den USA und Europa nehmen jeweils 19 Zulieferer an Apples Suppliere Clean Energy Program teil, in China sind es schon 50. Zehn neue Projekte im Rahmen von Power for Impact sollen in Entwicklungsländern die Energiewende beschleunigen.
Immer weiter: Zwei Tage nach der Veröffentlichung von iOS 15.1 hat Apple die erste Beta-Version von iOS 15.2 für registrierte Entwickler bereitgestellt. Die Public Beat sollte dann heute oder morgen folgen. Neu wird der App Privacy Report sein, der an sich nur eine neue Oberfläche des Features Record App Activity ist. Hinzu kommen wie üblich einige Bugfixes und Sicherheitsupdates. Ob die neuen Emojis von Unicode 14.0 integriert sein werden, ist noch nicht bekannt, diese zieht Apple in der Regel aber immer im Winter nach.
Ausgeweitet: Erst seit diesem September können Anwender im App Store die Apps bewerten, die sie nicht selbst auf ihre iPhones geladen haben, sondern die schon vorinstalliert waren. Apple will damit Vorwürfen entgegentreten, die eigenen Anwendungen bevorzugt zu behandeln. Der Zug hat beinahe wie erwartet jede Menge negativer Rezessionen zur Folge gehabt. Seit dieser Woche lassen sich nun einige weitere vorinstallierte Apps schmähen oder auch loben, darunter Kamera, Health, Nachrichten, Telefon und Fotos, also wirklich essenzielle Apps, ohne die das iPhone kein iPhone wäre.
Irreführung in der Irre : “Gossip is devil’s Radio” erkannte George Harrison in einem seiner Songs aus den Neunzigern. Dabei kannte er die sozialen Medien noch nicht und wie sehr dort Halbwahrheiten, Falschinformationen, nutzlose Tipps oder gar blanke Lügen “viral” gehen. Vor einem solchen falschen, ja gar irreführenden und somit schädlichen Ratschlag, der offenbar vor allem in den USA die Runde macht, warnt nun etwa der Rettungsdienst Halifax Search and Rescue. Der Hoax oder wie auch immer man die bösartige Fehlinformation nennen mag, behauptet, man würde, wenn man sich in der Wildnis verirre und kein Telefonnetz mehr habe, um die Rettung zu rufen, das bewerkstelligen können, wenn man die Begrüßung seiner Voicemailbox des iPhones ändere. Leider glauben Leute auch andere Verschwörungsmythen, ohne darüber nachzudenken. Denn um die Voicemail zu ändern, braucht man nämlich – genau! – eine Verbindung zu seinem Telefonprovider. Vergebliche Versuche leeren so den Akku schneller und machen Rettung unwahrscheinlicher. Notrufe aber kann man meist auch dann noch absetzen, wenn der eigene Provider sein Netz nicht mehr in die Gegend ausgelegt hat, in der man unterwegs ist, das Telefon nutzt etwaige andere Verbindungen, in einigen Fällen kann man auch die Rettung mit einer SMS alarmieren. Im Falle des Verirrens helfen ganz andere Maßnahmen und Vorkehrungen, nicht zuletzt sollte man immer Dritten die Gegend nennen, in der man auf Tour ist.
Im Zerlegen bewandert: Nachdem einige “Amateure” Teardowns ihrer neuen Macboks Pro zeigten,bei denen sie wenig mehr offenbarten, als das Gehäuse zu öffnen, haben sich nun auch die Reparaturspezialisten von iFixit ans Werk gemacht. Deren Fragestellung: Wie gut ist das Macbook Pro reparabel, lassen sich kritische Komponenten leicht austauschen? Was iFixit schon mal bestätigt: Der Austausch des Akku sollte nicht allzu schwerfallen, dank einiger Laschen, an denen man die Batterie, die nur locker adhessiv mit dem Gehäuse verbunden ist, aus diesem ziehen kann. Dabei falle es aber leichter, die vier äußeren Zellen herauszubekommen, die beiden zentralen unter dem Trackpad erfordern mehr Fummelei. Der Teardown dauert an.
Zurückgerudert: In der finalen Version von macOS 12 Monterey hat der Browser Safari wieder ab Werk das klassische Tab-Design bekommen, das stolz im Juni präsentierte Aussehen heißt nun “kompaktes Design” und kann man alternativ aktivieren. Nun ist für die beiden älteren Betriebssystemversionen Big Sur und Catalina Safair 15.1 erschienen, der ebenso zum klassischen Design zurückkehrt.
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Dune: Autor schrieb Drehbuch unter MS-DOS!
Vice hat eine Geschichte veröffentlicht , die Early Adopter beziehungsweise Technik-Enthusiasten, die immer die neuesten Geräte besitzen wollen, verstören dürfte. Denn Eric Roth, einer der Drehbuchautoren von Dune, der Neuverfilmung des Science-Fiction-Klassikers von Frank Herbert durch den Regisseur Denis Villeneuve, schrieb 2018 sein Drehbuch mit Movie Master 3.09. Dieses Programm läuft auf MS-DOS und kann maximal 40 Seiten speichern. Seine Texte tippt er auf eine ebenfalls uralten IBM-Model-M-Tastatur.
Mit diesem 30 Jahre alten Movie Master schreibt Roth alle seine Arbeiten – das sagte Roth bereits 2014 in einem Interview. Seitdem sind ja weitere sieben Jahre vergangen. Auch im Jahr 2020 bestätigte Roth noch einmal, dass er nach wie vor Movie Master verwenden würde. Halb sei Aberglaube der Grund dafür und halb Angst vor einem Wechsel, so Roths Begründung.
Die für Movie Master 3.09 erforderliche DOS-Umgebung startet Roth auf einem Windows-XP-Rechner. Seine mit Movie Master erstellten Texte kann er nicht via Internet übertragen, also muss Roth seine Texte ausdrucken und so dem Filmstudio geben. Dort werden Roths ausgedruckte Texte dann wieder eingescannt, damit sie in den Computern der Filmstudios und der anderen Mitarbeiter weiterverwendet werden können.
Auch Mails kann Roth an seinem XP-Rechner nicht empfangen. Da hat aber auch sein Gutes: Roths Rechner ist sicher vor Malware und Hackerangriffen aus dem Internet. Vermutlich sorgt diese antiquierte Arbeitsumgebung aber auch dafür, dass Roth während des Schreibens der Drehbücher nicht so leicht abgelenkt wird. Zudem betont Roth, dass das 40-Seiten-Limit ihn dazu zwingen würde seine Drehbücher zu strukturieren und sich kurzzufassen.
Dark Web: Europol gelingt Schlag gegen Drogenmarktplatz
Den internationalen Polizeibehörden ist in dieser Woche ein Schlag gegen den Handel mit illegalen Waren im Dark Web gelungen. Im Rahmen von Operation Dark HunTOR wurden in neun Ländern 150 Verdächtige festgenommen. Sie sollen am Kauf oder Verkauf illegaler Waren im Dark Web beteiligt gewesen sein. Beschlagnahmt wurden zudem 26,7 Millionen Euro, 45 Schusswaffen und 234 Kilogramm Drogen, darunter 25.000 Ecstasy-Pillen, 27 Kilogramm Opioide und 152 Kilogramm Amphetamin.
An Operation Dark HunTOR waren Australien, Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlanden, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten beteiligt. Ihren Ursprung hat die von Europol und Eurojust koordinierte Operation in der Zerschlagung des illegalen Dark-Web-Marktplatzes Darkmarket Anfang des Jahres. Die deutschen Behörden verhafteten damals den mutmaßlichen Marktplatz-Betreiber und gelangten damit in den Besitz von Beweisen, die wiederum zu weiteren Ermittlungen führten. Als Folge wurden nun 150 Käufer und Verkäufer in Europa und den USA festgenommen, 47 von ihnen in Deutschland.
Im Zuge der Festnahmen wurden auch die Dark-Web-Marktplätze DeepSea und Berlusconi geschlossen, auf denen mehr als 100.000 illegale Produkte angeboten wurden. „Der Sinn von Operationen wie der heutigen besteht darin, Kriminelle, die im Dark Web operieren, zu warnen: Die Strafverfolgungsbehörden verfügen über die Mittel und globalen Partnerschaften, um sie zu entlarven und für ihre illegalen Aktivitäten zur Rechenschaft zu ziehen, selbst in Bereichen des Dark Web,“ erklärt der stellvertretende Exekutivdirektor für Operationen von Europol, Jean-Philippe Lecouffe.
Predictive Policing: Polizei stoppt Software zur Verbrechensvorhersage
Im Jahr 2014 startete die Bayerische Polizei die Erprobung einer Software, die Einbrüche vorhersagen sollte. Diese als „Predictive Policing“ bezeichnete Vorgehensweise wurde von der bayerischen Polizei mit der Predictive-Policing-Software PRECOBS (Pre Crime Observation System) des deutschen Unternehmens ifmpt getestet. Aber nicht etwa an unterschiedlichen Verbrechensarten, sondern nur für Haus- und Wohnungseinbrüche und nur in den Ballungsräumen München und Nürnberg. Die bayerischen Ordnungshüter bezeichnen das als „raumzentrierte Variante vorhersagender Polizeiarbeit.“
Das „Predictive Policing“ soll dabei helfen auf „der Basis valider, wissenschaftlich fundierter Prognosen die Kriminalitätsentwicklung besser planen zu können“. Die Polizei will mit dieser Software Risikobereiche identifizieren, „in denen durch geeignete Maßnahmen künftigen Straftaten begegnet werden soll“. Hierfür gebe es laut der Polizei verschiedene Methoden; diese können täter-, opfer- und/oder deliktsbasiert sein.
Als 2014 die Arbeit mit PRECOBS begonnen hat, stieg bundesweit die Zahl der Wohnungseinbrüche stark an. PRECOBS war dann ein Bestandteil des Maßnahmenbündels, mit dem die Polizei den vielen Wohnungseinbrüchen entgegenwirken wollte. Die Methodik dieser Software „basiert auf dem Near Repeat-Phänomen, also der Beobachtung, dass es im nahen räumlichen und zeitlichen Umfeld bestimmter Taten vermehrt zu Folgetaten kommt (7 Tage, ca. 500 m).“
Die Software wurde in München und Nürnberg von speziell ausgebildeten Sachbearbeitern („Operatoren“) bedient. Das Bayerische Landeskriminalamt nahm als Zentralstelle die Produktverantwortung wahr.
Nun stellt die bayerische Polizei die Arbeit mit PRECOBS also ein. Der Grund dafür ist ebenso erfreulich wie kurios: Es gibt zu wenig Einbrüche. Die Polizei formuliert es so: „Der starke Rückgang der Fallzahlen bei den Wohnungseinbrüchen in Bayern und die damit verbundene quantitative Minderung der zur Berechnung notwendigen Datengrundlage führten zu einer Verringerung der Prognosen und beschränkten so die effiziente Nutzung von PRECOBS. Die vom System ausgelösten Alarme nahmen unverhältnismäßig ab, so dass eine gezielte Einsatzsteuerung nicht mehr möglich war.“
Außerdem gelang es nicht PRECOBS auch für andere Verbrechensarten einzusetzen. Auch der Einsatz der Software in anderen Präsidien scheiterte und die Polizei entwickelte neue andere Methoden. Somit kam man jetzt nach einer Kosten-Nutzen-Abwägung zu dem Entschluss, den Betrieb der Software einzustellen.