Apple verspricht mehr Geschwindigkeit, bessere Displays und längere Akkulaufzeit. In unserem Testlabor mussten sich iPhone 6 und iPhone 6 Plus beweisen.

Alle zwei Jahre verhüllt Apple das iPhone in ein neues Gehäuse und geht seit 2012 auch den Trend zu größeren Bildschirmen mit. Mit dem iPhone 6 gibt es erstmals gleich zwei unterschiedliche neue Größen auf einmal. Mit dem iPhone 6 Plus betritt Apple sogar erstmals das Segment der "Phablets" – Smartphones, die so groß sind, dass sie im Grunde Tablets mit Telefoniefunktion sind. Apple verspricht mehr Geschwindigkeit, bessere Displays und längere Akkulaufzeit. In unserem Testlabor mussten sich iPhone 6 und iPhone 6 Plus beweisen.
Das iPhone 6 aus der Nähe Die aktuellen iPhones: Apple verkauft derzeit das iPhone 5C, 5S, sowie iPhone 6 und 6 Plus. (vlnr)
zur Bildergalerie-GroßansichtWie fühlt es sich an?
Das iPhone 6 ist 6,9 bis 7,1 Millimeter dünn. Darunter kann man sich vielleicht nicht viel vorstellen, denn das iPhone 5S ist auf dem Papier mit 7,6 Millimetern kaum dicker. Die Zahlen können nicht beschreiben, wie viel dünner sich das iPhone 6 im Vergleich anfühlt. Es wirkt, als habe Apple es endlich geschafft, ein iPhone im Formfaktor des iPod Touch zu bauen. Die neuen, runden Gehäuse-"Kanten" lassen das iPhone 6 flacher wirken, als die Zahlen andeuten. Besonders die neuen, zum Rand abgeflachten Glasränder des Display fühlen sich toll an. Nicht ganz so toll: die Kamera steht ungefähr einen Millimeter aus dem Gehäuse heraus. Die sorgt dafür, dass das iPhone 6 nicht flach auf dem Tisch liegen kann, sondern etwas kippelt.
#Bentgate
Wir haben unser Testgerät des iPhone 6 Plus nicht mit Gewalt versucht zu verbiegen. Das Gehäuse ist grundsätzlich steif und keinesfalls weich. Wie aber die "Bentgate"-Videos zeigen, ist der obere Bereich des Gehäuses, wo die Bohrungen für die Tasten liegen, eine "Schwachstelle". Ob und wie Apple darauf reagieren wird, ist derzeit noch unbekannt, das Unternehmen sagt auf Anfrage nichts dazu.
Die Aufregung ist aktuell jedenfalls groß.
Wie gut ist das Display?
Um die Neuerungen beim Bildschirm des iPhone 6 zu erklären, muss man etwas ausholen. Denn Apple hat hier vieles verändert. Die Technik, die Auflösung und selbstverständlich die neuen Größen. Apple verwendet hier eine fortgeschrittenere Display-Technologie "Dual Domain IPS" genannt. Die einzelnen Subpixel für Rot, Grün und Blau liegen nicht mehr als einfache rechteckige Balken vor, sondern sie sind unterbrochen und in einem flachen Winkel leicht pfeilförmig angeordnet. Das soll sich zum Einen positiv auf den Blickwinkel auswirken und zum Anderen den Kontrast steigern. Den Unterschied merkt man allerdings nur im direkten Vergleich zum iPhone 5S, das seinerseits schon einen sehr guten Bildschirm hat.

Im Labor bestätigen sich die Erfahrungen aus der Praxis. Die maximale Helligkeit liegt mit 470 cd/qm ungefähr auf dem Niveau des iPhone 5S, aber der Schwarzwert ist etwas besser. Hier messen wir 0,34 cd/qm während das iPhone 5S ein helleres Schwarz erzeugt (0,42 cd/qm). Das Ergebnis ist ein leicht höheres Kontrastverhältnis von 1385:1 (iPhone 5S: 1089:1). Dennoch, an die Werte eines AMOLED-Displays von Samsung kommt auch das neue iPhone 6 nicht heran. Die Technik mit den selbstleuchtenden organischen Pixeln ist zumindest was das Kontrastverhältnis angeht (hier sind Werte von 20.000:1 nicht selten) den IPS-Displays im iPhone überlegen. Allerdings: Besonders im Alltag unter freiem Himmel ist die maximal Helligkeit wichtiger, und hier wiederum liegen die iPhones deutlich vorn.
|
Akkulaufzeit MP4 Video, volle Helligkeit, Wlan/BT an |
Akkulaufzeit Surfen halbe Helligkeit, Wlan an, BT aus |
Akkuladezeit, Display aus, keine Apps laufen, Wlan an |
Displayhelligkeit maximal |
Display Kontrastverhältnis |
Display Helligkeitsverteilung |
Reaktionszeit SWS |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Einheit |
Minuten |
Minuten |
Minuten |
cd/qm |
x:1 |
cd/qm |
ms |
iPhone 6 |
404 |
368 |
114 |
477,1 |
1385:1 |
14 |
24,3 |
iPhone 6 Plus |
386 |
477 |
174 |
406,7 |
1151:1 |
20,5 |
23,6 |
iPhone 5S |
402 |
320 |
116 |
457,5 |
1089:1 |
8,9 |
68 |
|
|
|
|
|
|
|
|
Apple gibt an, dass die Displays nun dem genormten Farbraum sRGB entsprechen. Die Farben von Fotos sollen somit näher am Original liegen und sich zwischen den verschiedenen iPhone-Modellen kaum noch unterscheiden. Unsere Farbraummessung bestätigt diese Aussage. Die Anzahl der abbildbaren Farben ist bei beiden iPhone-6-Modellen etwas größer als beim iPhone 5S und deutlich größer als beim iPhone 4 oder 4S. Der Weißpunkt liegt mit 7400 Kelvin allerdings zu hoch. Im sRGB-Standard sind 6500 Kelvin vorgesehen.
iPhone 6 & 6 Plus Benchmarks App startet am Beispiel der Spiele-App "Amazing Alex"
© Macwelt zur Bildergalerie-GroßansichtiPhone 6 Plus: Extra-Platz noch ohne Aufgabe

Das iPhone 6 Plus ist derzeit ein Stück weit noch ein Versprechen, das Apple und App-Entwickler noch einlösen müssen. Denn ein größerer Bildschirm ist erst dann nützlich, wenn der Platz auch sinnvoll genutzt wird. Hier mangelt es noch etwas. Apples eigene Anwendungen wie Kalender und Mail unterstützen das iPhone 6 Plus bereits mit eigenen Nutzeroberflächen, abseits der Systemapps fehlen diese Anpassungen noch. Selbst iOS nutzt den Bildschirmplatz noch recht verschwenderisch. Wie beim iPhone 6 gibt es im Home-Menü des 6 Plus nur eine zusätzliche Zeile App-Icons, in App-Ordnern zeigt das 6 Plus ebenfalls nur neun Icons pro Ordnerseite an wie schon das iPhone 5. Die Abstände zwischen den Icons sind schlicht etwas größer im Vergleich zum kleineren iPhone 6. Das ginge besser.
Lesen wir Webseiten oder schauen HD-Videos, dann spielt der neue Riesenbildschirm schon jetzt seine ganze Stärke aus. In vielen Nachrichten-Apps oder auf Webseiten, die Smartphones auf eine mobile Webseite umleiten, passen Oberfläche und Größe derzeit dagegen nicht zueinander. Die Bedienelemente sind dann viel zu groß. Dies wird sich erst durch Updates mit Anpassungen an den größeren Bildschirm ändern. Apple sollte auch darüber nachdenken, die Vierfinger-Gesten vom iPad auf das iPhone 6 Plus zu übertragen.
iPhone 6 Leistungsvergleich |
|
|
|
|
|
|
|
---|---|---|---|---|---|---|---|
|
Linpack (Fließkomma-Operationen) |
Geekbench (Single-CPU-Leistungstest) |
Geekbench (Multicore-CPU-Leistungstest) |
GFXBench„1080p Manhattan Offscreen“ (3D-Grafiktest) |
3Dmark „Ice Storm Unlimited“ |
Safari, SunSpider 1.0.2 Bench |
LTE-Download (1km, Vodafone) |
Einheit |
MFlops |
Score |
Score |
Score |
Score |
Millisekunden |
MBit/s |
iPhone 6 |
1408,5 |
1631 |
2930 |
1104 |
17515,7 |
338,3 |
38,6 |
iPhone 6 Plus |
1391,8 |
1625 |
2916 |
1155 |
17977 |
351,6 |
36,2 |
iPhone 5S |
989,6 |
1407 |
2547 |
790 |
15115 |
421,6 |
28,9 |
Die wohl beste Kamera
Die Kamera des iPhone 6 ist nicht nur buchstäblich "herausragend", ihre Ergebnisse sind es ebenfalls. Für den Autofokus nutzt die Rückseitenkamera nun eine Technik namens Focus-Pixels. Dies entspricht den Phasensensoren wie sie beispielsweise bei Systemkameras zum Einsatz kommen. Dadurch soll sie sich deutlich schneller scharfstellen. Und tatsächlich: Wir vergleichen die neue Kamera mit der des iPhone 5S bei unterschiedlichen Situationen.

Generell muss man beim iPhone 6 deutlich seltener manuell eingreifen (beispielsweise durch Tippen auf den Bildschirm, um den Fokuspunkt zu setzen). Wenn man etwa von einem Makromotiv schnell auf ein weiter entferntes Motiv schwenkt, stellt sie die Kamera sehr schnell auf den neuen Fokuspunkt ein. Als Anwender merkt man davon quasi nichts. Man kann in den meisten Fällen einfach abdrücken und bekommt ein scharfes Foto.
Das wirkt sich auch bei Videos positiv aus. Das typische "Schärfepumpen" beim Schwenken von weit entfernten auf näher liegende Motive fällt quasi komplett weg. Lediglich bei Situationen mit sehr wenig Licht kann es noch zu diesem unerwünschten Effekt kommen. Verbessert hat Apple auch die Zeitlupenfunktion. Statt mit 120 Bildern pro Sekunde arbeitet sie nun wahlweise mit 240 Bildern Pro Sekunde. Damit lassen sich schon sehr beeindruckende Videos erzeugen. Auf Youtube findet man inzwischen einige Beispiele dieser Funktion. Apple verwendet nun eine optische Bildstabilisierung in der Rückseitenkamera. Allerdings nur beim iPhone 6 Plus, das aufgrund des größeren Gehäuses mehr Platz für die erweiterte Linsenmechanik bietet. Die optische Stabilisierung soll verwackelte Aufnahmen, besonders in Situationen mit wenig Licht verhindern.
Fazit
Das iPhone 6 ist subjektiv - und laut unserer Messergebnisse auch objektiv - besser als alle vorherigen iPhones. Das iPhone 6 leistet sich keine größeren Schwächen, es ist in allen Punkten gut, hat jedoch dieses Mal keine Innovation, die einmal mehr den Markt vor sich hertreiben würde. Das Alleinstellungsmerkmal ist vor allem iOS und das angeschlossene iTunes-Universum. Wer dies schätzt, erhält beim iPhone wohl immer noch das beste Nutzererlebnis, allerdings gegen saftigen Aufpreis. Es muss einem diesen Preis wert sein, dafür ein wenig mehr Liebe zum Detail bei der Verarbeitung des Gehäuses oder bei der Anpassung von Soft- und Hardware zu erhalten als bei anderen Top-Smartphones. Das iPhone 6 ist das Smartphone für die, die auf genau diese Details achten und sie wertschätzen. Allen anderen und - damit auch dem Massenmarkt – wird das iPhone schlicht zu teuer sein. Und das ist leider nachvollziehbar.